Fünf Minuten Lachen so gesund wie 20 Minuten Joggen.
Was Lachyoga bewirkt, wie man es lernt und warum es das Leben bereichert
Bericht in der HAZ Von Knut Diers
Wer kann schon richtig lachen? Schmunzeln und zwei Sekunden „ha ha ha“ – das ist oft alles, für manche sogar an einem gesamten Tag. Doch es gibt Hoffnung: Lachen lässt sich lernen. Am einfachsten geht das beim Lachyoga. „Es ist ein Gefühl, wie frisch verliebt zu sein, ohne dass ich auf einen Anruf warte“, beschreibt Marion von Appen das Yogalachen. Die Mutter von drei Kindern praktiziert das seit fünf Jahren und hat in Mehrum im Landkreis Peine eine Lachschule gegründet. Sie gibt Kurse von Hildesheim bis Braunschweig, von Peine bis Hannover. Marion versteht sich als Teil einer weltweiten Lachbewegung.
„Danke, ich habe zum ersten Mal seit Jahren wieder Tränen gelacht“, sagt Barbara, die die erste Stunde Lachyoga mit Marion hinter sich hat. Es war für Barbara und die anderen Teilnehmer ungewohnt, ohne Grund einfach zu lachen. „Das künstliche geht sehr schnell in ein echtes Lachen über“, erläutert Marion. Sie klatscht die Hände mit gespreizten Fingern ineinander und gibt einen Rhythmus vor. Alle machen mit. Dazu ertönt ein „ho ho“ und „ha ha ha“. Das steckt an. Bald hauen sich alle die Hände auf die Oberschenkel, gehen durch den Raum, schauen sich in die Augen und prusten vor Gelächter.
„Viele haben dieses Stewardess-Lächeln drauf“, stellt die Kursleiterin fest. Immer freundlich sein, immer lächeln – das ist wirklich anstrengend. Die Lachyoga-Lehrerin hat im Alltag beobachtet, dass viele noch nicht einmal das hinbekommen. Sie ging durch den Hauptbahnhof und zählte die fröhlichen Gesichter in der Menschenmasse. „Ich kam auf sechs“, meint sie. Doch sie hat heute der kleinen Gruppe in ihrem Lachyoga-Kurs ein paar Techniken mitgebracht, wie man sich gesund lacht. Das ist ganz einfach.
„Beim königlichen Lachen winke wie die Queen“, schlägt Marion vor und geht huldvoll durch den Raum, während sie den rechten Unterarm auf- und abschwenkt. Beim Pinguinlachen watscheln alle wie diese seltsamen Vögel – Füße nach außen, Arme an die Seite, Handflächen zum Boden. Dazu wird gepiepst. Das Handylachen ist nichts weiter, als sich mit einer Hand ein imaginäres Mobiltelefon ans Ohr zu halten und hinein zu lachen. „Das lässt sich wunderbar im Alltag nachmachen“, meint die Kursleiterin. „Es weiß ja niemand, dass da keiner dran ist am Telefon.“
Die Resultate sind verblüffend: Schon fünf Minuten Dauerlachen sind so gesund wie 20 Minuten Joggen. Wer täglich zehn bis 15 Minuten lacht, setzt in seinem Körper Glückshormone frei, baut Stress ab, stärkt das Immunsystem und fühlt sich einfach besser. Beim Lachen wird die Atmung stakkatoartig unterbrochen. Das Zwerchfell bewegt sich ruckartig und stößt Atemluft aus der Lunge. Mehr Sauerstoff strömt ein. Der Stoffwechsel wird angeregt. „Und das Schönste“, führt Marion fort, „die Gedanken legen eine Pause ein.“
Wer lacht, kann nicht grübeln. Wer lacht, hat keine Schmerzen. Wer lacht, ist anschließend freier und kreativer. Barbara und den anderen Teilnehmern kommt es immer noch komisch vor, grundlos zu lachen. In Indien, wo die Bewegung 1995 vom Arzt Madan Kataria in einem Park zum ersten Mal loslachte, treffen sich täglich Zehntausende Menschen zum gemeinsamen Lachyoga. Es ist eine Verbindung aus Atem-, Klatsch- und Dehnübungen sowie pantomimischen Darstellungen, die zum Lachen anregen. Der Augenkontakt spielt dabei eine große Rolle, genauso die Gruppendynamik. „Wenn die Lachfalten an den Augen aktiv sind, ist es Lachen“, verrät Marion ein Merkmal. Überhaupt sei Lachen die erste Sprache gewesen. In jeder Kultur werde sie sofort verstanden. „Wer einen anlacht, zu dem geht man, wer böse guckt, den meidet man“, beschreibt sie die archaische Erkenntnis.
Die Bewegung des indischen Arztes, der als Lachyogi um die Welt zieht und viele Menschen zum Lachen bringt, verbreitet sich meist über Lachclubs. „Viele brauchen diesen geschützten Raum, denn es werden Emotionen frei beim Lachen, wir wollen uns fallen lassen in der Gruppe und wirklich laut lachen“, sagt Marion. Wer auf der Straße andere anlacht oder bei Gesprächen in ein lang anhaltendes Gelächter taucht, wird schnell für verrückt erklärt. „Doch seit ich Lachyoga praktiziere, bin ich freier und fröhlicher, auch wenn ich nun wirklich nicht ständig vor mich hinlache“, beschreibt Marion ihren Weg durch den Alltag. „Die anderen bemerken bei mir eine Beschwingtheit und reagieren offen, sind fröhlich, einige lächeln spontan“, erklärt sie.
„Das Lachen hat mein Leben sehr positiv verändert“, versichert Marion und zitiert ihren „Meister“ Madan Kataria, der sagt: „Wir lachen nicht, weil wir glücklich sind – wir sind glücklich, weil wir lachen.“ Das geht, ganz ohne Witz. Und Barbara lacht wieder Tränen.